Der Lauf der Dinge
Mein Bewegungsdrang war schon immer sehr ausgeprägt, und so begann 1994 mein Joggerdasein. Daß das Laufen gesund ist, und beim Abbau der Wohlstandspfunde hilft, spielte für mich keine Rolle.
In den Sommermonaten wurden die Laufschuhe angeschnallt und ca.3 km „volle Pulle“ durchgezogen. Im Jahr satte 70 km. Seit diesem Jahr blieben meine starken Erkältungen in der Winterzeit aus. Ein toller Effekt, aber trotz schlechter Zeiten fühlte ich mich nach dem Laufen immer sehr schlapp.
Nach einigen Jahren mußte eine neue Strecke her. Länger! Die Strecke ist nun ca. 5 km, und die Jahresleistung ist auf 120 - 150 km gestiegen. Jeder Lauf ein Kampf gegen sich selbst, und wegen der großen Pausen zwischen den Läufen gibt es öfter mal einen Muskelkater. Die Zeiten... enttäuschend!
Die entscheidende Wende verdanke ich drei Lauffreunden - zwei Marathonis und ein 10km-Läufer. Letzterer redete auf mich ein: „Wer 5 km läuft, kann auch 10 km“. Nun gut, im Sommer 1999 habe ich es probiert, und GEPATZT! ... Obwohl - eine reizvolle Aufgabe. Nach weiteren 10km-Läufen habe ich in einem Anfall von Grössenwahn einen Halbmarathon unter zwei Stunden angekündigt. Als mein Gehirn wieder durchblutet wurde, war mir eins klar: Es muß eine Art Trainingsplan her.
Glücklicherweise hatte ich vom Spargelsprinter Rainer einige Webadressen zum Thema Laufen bekommen. So hatte ich nach paar durchgesurften Nächten einen prima Trainingsplan, und die beiden Marathonis gaben mir weitere Tips aus ihrem praktischen Erfahrungsschatz.
Zunächst mußte die Ausdauer trainiert werden - das Zauberwort =aerobe Zone. Anfangs war es nicht so leicht langsam zu laufen, nach kurzer Zeit stellten sich aber verblüffende Fortschritte ein. Zunächst fiel mir auf, daß ich mich nach dem Laufen sehr schnell erholt habe. Mit der Zeit der Trainingseinheiten habe ich trotz des Diktats des Pulsmessers auch mal auf die Uhr geschielt, und siehe da, die Zeiten wurden immer besser, obwohl die Anstrengung immer weniger wurde.
Viel wichtiger sind mir aber die Nebenwirkungen. Dem Wetter und der Klimaanlage am Arbeitsplatz zum Trotz keine Erkältung mehr. Weniger Lust (bzw.Verlangen) auf Zigaretten. Der ohnehin kleine Wohlstandsbauch wird kleiner. Der Gang zur Toilette ist auch kein Problem mehr.
Insgesamt fühle ich mich fit und ausgeglichen!
Ich merke kaum, daß ich mich nicht mehr überwinden muß, die Läuferkluft anzuziehen und bei Wind und Wetter auf die Piste zu gehen.
Die Strecken die ich problemlos bewältige nähern sich der 20km-Marke, als ich zu meinem bisher schönsten Lauf startete: Kurz hinter der Herrenbrücke in Lübeck nahm ich den Asphalt unter die Laufschuhe, und dann über welliges Gelände nach Niendorf. Bei jeder Hügelkuppe kam das Maritim in Timmendorf näher und der Salzgeruch der Ostsee wurde immer stärker. WUNDERBAR!
Eine Woche nach diesem Erlebnis hatte ich mich zu meinem ersten Wettkampf gemeldet, um schon mal die Atmosphäre zu kennen, und zu sehen, wie sie auf mich wirkt. Ich war sehr überrascht, wie konzentriert ich die 10 km gelaufen bin. Einfach nur mein Tempo!
Genau einen Monat vor meinem ersten Halbmarathon passierte eine kleine Katastrophe, als ich mir eine Achillessehnenverletzung einfing. Sehr langwierig - sehr schmerzhaft! Die Ahnung, den Halbmarathon nicht mitlaufen zu können brachte mich an den Rand einer Lebenskrise, doch mein Hausarzt hat mich mit Einfühlungsvermögen und seiner ärztlichen Kunst wieder halbwegs lauffähig gemacht. Nach einmonatiger Laufpause habe ich am Samstag, also einen Tag vor dem Tag X, einen 5km-Testlauf gemacht, der meine Entscheidung mitzulaufen besiegelte.
04. Mai 2001 1.Spielbankmarathon Hannover
Um 7 Uhr stehe ich auf, meine Oberschenkel sind wie Stahl - schwer und hart . Im ganzen Körper Milchsäurealarm „MUSKELKATER“ ! Trotzdem fahre ich nach Hannover. Das Wetter ist optimal. Die Nervosität steigt. Vorsichtig mache ich mich warm: Hält die Achillessehne? Obwohl ich gerne mit Rainer laufe und rede ist mir das heute zu viel, und suche meine Ruhe im unruhigen Starterfeld. Nach dem Start wird mein Vertrauen in die Achillessehne größer, aber dafür werden die Schmerzen in den Oberschenkeln immer schlimmer. Bei Kilometer 8 verliere ich den Mut, denke ans Aufgeben, doch hindert mich zum einen die beeindruckende Kulisse und zum anderen (für mich eher entscheidend) die Stimmung der Mitläufer am aussteigen. Lange laufe ich in einer Gruppe mit, und lasse mich von deren guter Stimmung anstecken.
Die Zeit vergeht nun ganz schnell und vor dem Bahnhof setze ich mich langsam von der Gruppe ab. Unterwegs im Norden gab es einige Zuschauer, doch als ich in die Fußgängerzone einbog wurde ich von den jubelnden Massen total überrascht. Bis nach dem Operplatz gab mir das Publikum das Gefühl ein Starsportler zu sein. Als meine Füße von der Begeisterungswelle wieder auf der Straße waren, hatte ich das Aegi schon erreicht. Die lange Gerade (Hildesheimer Strasse) nutzte ich zum rechnen. 2 Stunden 3 Minuten würde meine Halbmarathonzeit werden... oder?
Meine Beine sagten „autsch“, der linke kleine Zeh war aufgescheuert und was sagt die Achillessehne? Auf der anderen Seite hatte ich gesagt, daß ich unter 2 Stunden laufen werde, und nun so knapp darüber liegen wäre doch DOOF! Ich habe meine Ernährung umgestellt, so gut wie nicht mehr geraucht und bin oft früh aufgestanden um vor dem Dienst noch zu trainieren. Und was ist mit meiner Tochter und meiner Frau, die mich in unserer gemeinsamen Freizeit nur kurz im Laufdress auf dem Weg zur nächsten Trainingseinheit vorbeihuschen sahen, und dafür meine Kohlehydraternährung essen mußten. Ganz zu schweigen, was meine Familie während meiner Verletzung erleiden mußten. Trotz alle dem haben sie mich immer unterstützt. Sollen „meine Frauen“ jetzt auch noch darunter Leiden, daß ICH mein Ziel nicht erreicht habe. NEIN NEIN NEIN !!!
Nach
1 Stunde
57 Minuten
20 Sekunden
erreiche ich schlapp aber gesund das
Ziel !
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