Der nasse Weg durch Zürich


Lange habe ich mich auf den Zürichmarathon am 09.April 2006 vorbereitet und darüber ein Tagebuch geführt. Nicht alles ist planbar, uns so liegt ein eigenartiges Wochenende hinter mir! Donnerstag startete die Reise nach Delemont - Schweiz. Wetterinfo : Schneefall. Als das Marathon-Team Helmdorf in der Schweiz ankommt ist es kalt aber trocken. Der Freitag ebenso. Am Samstag wechseln wir von Delemont nach Zürich. Es ist sonnig und für einen Marathon zu warm. Der Zürichmarathon dann...


Wir haben ein gutes Hotel, mit Fernseher und Vollbad, das für die Marathonis und ihren Angehörigen ab 4:30 Uhr Frühstück anbietet, und um 7:15 Uhr einen Schuttelservice zumWetter Startbereich organisiert hat. Ich hatte mich am Vorabend, während ich das aktuelle Sportstudio verfolgte, zu einer Taktik für 3:28h durchgerungen, und Eckdaten (wo wie schnell mit welchen Puls) auswendig gelernt. Ungefähr 6 Uhr war die Nachtruhe zu Ende, und ein erster Blick in den dunklen Zürichhimmel zeigte Regenwolken, die sich "erleichtern" wollen. Zum Laufen ist mir das egal, aber "meinem Publikum" wird das nicht gefallen haben. Der Bus hat uns so zeitig an den Start gebracht, dass an den Dixies wenig los war. So konnte ich mich gut vorbereitet in das Starterfeld einreihen ;-). DaEssen gab es dann das erste Problem, denn ich habe die Markierungen für die Startblöcke nicht finden können. Dafür habe ich aber meine Schwester und meine Nichte gefunden. Kurz vor dem Startschuss um 8:30 Uhr habe ich mich dann einfach in der ersten Hälfte eingereiht. Im Feld wurde überwiegend englisch und Schweizerdeutsch gesprochen. Ab der Quaibrücke gab es dann auch "Kulisse": Erfreulich viele Zuschauer ließen sich nicht vom leichten Regen und Temperaturen um die 6°C schrecken, und einige Blaskapellen und Bands sorgten für Lautstärke. Die erste Musikeinlage, die ich zu hören bekam war "Griechischer Wein", aber den Komponisten habe ich nicht gesehen. Nach etwa 5km ging es auf der Uferstrasse des Sees durch die Stadtteile bis nach Meilen. Wenn man die Strecke auf der Karte sieht, könnte man meinen, es sei langweilig ca. 11km hin, und 11km den gleichen Weg zurück zu laufen, dem ist aber nicht so! Neben dem Überprüfen von Puls und Tempo kann man die Landschaft genießen, sich anfeuern lassen oder der Musik zuhören. Ab dem 12ten km hatte ich Gegenverkehr von den schnelleren Läufern. Wunderschön gelöst ist der Wendepunkt in Meilen! Dort läuft man durch eine Art Festzelt mit richtig Stimmung. Kurz danach das zweite Problem: Mein Pulsmesser meint eine Pause machen zu müssen. Zwischen Km17 und Km18 versuche ich einen Generalreset und programmiere in neu. Als ich wieder eine Pulsanzeige hatte, war ich völlig überdreht. Bis zur Zeitanzeige der Halbzeit hatte ich mich wieder gefangen, bekam aber gleich wieder einen Schreck, denn die zeigte mir eine Bruttozeit von ca. 1:45h an. Ich hatte mit mehr Zeit und mehr Puls gerechnet. Jetzt ahnte ich, dass meine vorabendliche Entscheidung richtig war. Ich wusste da auch noch nicht, was mich in der Innenstadt erwarten würde. Bis hierhin konnte man sehr flüssig laufen. Auch die Schleife zwischen dem Bellevue und dem Chinesischen Park war gut präpariert, denn die verkehrsberuhigenden Erhöhungen waren gut gekennzeichnet. Überhaupt wurde auf der Strecke sorgfältig gearbeitet. Die Kilometermarkierungen waren weit sichtbar, ebenso die Verpflegungsstellen. Großes Wunder! Mein erster Marathon, bei dem die Anordnung der Verpflegung richtig rum ist: Erst die Bananen, dann das Wasser! Jenseits der 30km geht es dann auf einen Zickzackkurs durch die Züricher Innenstadt. Auf dem Limmatquai und in der Bahnhofstrasse sammeln sich begeisterte Zuschauer, und viele rufen meinen Namen, der ja in leuchtendem Gelb auf meinem Shirt steht. Jetzt, wo der "Mann mit dem Hammer" hinter jeder Ecke stehen kann, ist das so eine Art Turbolader. Nach so vielen Kilometern quält man sich immer, aber bei ca. 36km Teamschleiche ich über die Münsterbrücke, die ein Kopfsteinpflaster hat. Einer der vielen gutgelaunten Helfer erkennt mein hadern, und feuert mich an. Zurück am Bellevue werde ich wieder von einem Ehepaar gefeiert, die dies auch schon vorher taten. Danach war meine Krise beendet - nach vielleicht 100m. Gerade rechtzeitig, denn die folgenden 5km sind etwas tröge. So konnte ich mich aber voll auf ein Dreierteam konzentrieren, die kaum langsamer waren als ich. Es dauerte etwas länger bis ich an denen vorbei war. Ich wunderte mich, über die konkreten Kommandos, die einer gab (z.B."20m, 55°, rechts"). Erst als ich neben ihnen war merkte ich, dass es sich um einen sehbehinderten Läufer undFett seine Buddys handelte. Die drei hatten richtig Spaß - Super. So langsam hört man wieder Nichtläufer, und biege in Richtung Ziel auf den Mythenquai ein. Ob das Zufall ist, dass das Ziel auf dieser Straße steht? Ich steigere mein Tempo, allerdings hätte mir niemand geglaubt, dass ich sonst einen starken Endspurt habe. Völlig platt überquere ich die Ziellinie, und höre ich über die Lautsprecheranlage, dass die 3:30h-Läufer noch etwa 2min. haben. Ich habe keine Uhr im Ziel gesehen, und durch den Ausfall meiner Stoppuhr, wusste ich nicht genau, welche Nettozeit ich hatte. Langsam realisiere ich: Ich bin unter 3:30! So konnte meine Familie eine Premiere erleben. Der erlösende Schrei war den Umständen entsprechend nicht zu hören, aber sie konnten an meinen geballten Fäusten deutlich sehen, dass ich unheimlich zufrieden bin. 3:27:43h ist meine offizielle Nettozeit.
Der Zürich-Marathon ist klasse, und finde es schade, dass er so früh ist. Wenn das Teilnehmerlimit von 8000 ausgeschöpft werden kann und das Wetter mitspielt, ist das ein schnellerBad Kurs mit schöner Kulisse. Die Stimmung war schon ganz gut, nicht auszudenken, was bei zuschauerfreundlichem Wetter los gewesen wäre!
Das Hotel hat für Teilnehmer den Check-out auf 15 Uhr verschoben. Wie ich das genutzt habe könnt ihr ja sehen. Wie ich meine unbändige Lust auf fettes Essen gestillt habe, möchte ich auch nicht verheimlichen. Abends fahren wir zurück nach Delemont. Am Montag ist allgemeines Ausschlafen angesagt. Die Einkäufe für die Rückfahrt erledigen wir zu Fuß. Spazieren gehen ist eine prima Möglichkeit die extrem belastete Muskulatur zu lockern. Meine Schwester und Petra werden ungeduldig, weil alles nicht so schnell geht, wie am Tag davor. Besonders Treppen abwärts verursachen mir Schmerzen, und Zusehende belustigt es. Mein Selbstbewusstsein hält das aus, ich weiß, was ich geleistet habe. Abends werden die Laufsachen wieder im Auto verstaut, und wir treten die Heimreise an.

Es schneit...

Berni Helmdorf Wasser



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